Psychiatrie-Erfahrene als professionelle Helfer
Vermutlich unterstützen sich Psychiatrie-Erfahrene immer schon gegenseitig. Selbst als es noch keine Selbsthilfegruppen gab, verband das gemeinsame Schicksal und man empfand sich als Leidensgenossen. Vor allem während den Klinikaufenthalten war man
aufeinander angewiesen.
Seit den 1980er-Jahren trafen sie sich dann in Selbsthilfegruppen, um ihre Erfahrungen und Informationen auszutauschen und sich auch im Alltag in der Bewältigung ihrer Erkrankung beizustehen. Im Jahr 1992 wurde der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. gegründet, durch den eine politische Interessenvertretung für Psychiatrie-Erfahrene auf Bundesebene geschaffen wurde. In vielen Bundesländern haben sich die Psychiatrie-Erfahrenen in Landesverbänden organisiert und es gibt in einigen Städten Initiativen auf Ortsebene.
Zu Beginn der Psychiatrie-Selbsthilfe gab es viele kritische Stimmen, die psychiatrie-erfahrenen Menschen die Fähigkeit absprachen, sich zu organisieren und politische Lobbyarbeit zu gestalten. Etliche Psychiater sehen die Selbsthilfe auch heute noch mit kritischen Augen, da sie den kritischen und aufgeklärten Psychiatriepatienten fürchten. Immer noch scheuen sich manche Psychiater, die seelisch erkrankten Patienten und Patientinnen offen zu informieren, da sie befürchten, ihre Mitwirkung könnte darunter leiden.
Bei den heutigen Zuständen im Gesundheitssystem, in deren Folge bei den niedergelassen Psychiatern nur noch ein Patientenkontakt im Quartal ökonomisch sinnvoll ist, ist es unverzichtbar, dass der Patient über seiner Erkrankung informiert ist. Wer sich allein auf die Umsicht und auf das Engagement seines Arztes verlässt, hat große Nachteile zu erwarten. Es ist offensichtlich, dass das vor allem in der Psychiatrie, wo häufige Gespräche mit den Patienten und Patientinnen notwendig sind, besonders problematisch ist.